Klimawandel im RU

Andreas Lienkamp

Klimawandel – ein Kernthema des Religionsunterrichts!

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Schaubild von Dr. Birgit Hegewald zum Artikel als PDF (zum Einsatz im Unterricht geeignet)

Zuvor

In seiner bahnbrechenden Umwelt- und Sozialenzyklika „Laudato si'“ (LS), veröffentlicht am 18. Juni 2015, betont Papst Franziskus, dass der Klimawandel „ein globales Problem mit schwerwiegenden Umwelt-Aspekten und ernsten sozialen, wirtschaftlichen, distributiven und politischen Dimensionen“ darstelle. Es handele sich um „eine der wichtigsten aktuellen Herausforderungen“ der Menschheit (LS 25) 1 . Der vorliegende Artikel will die dramatische Problematik umreißen und verdeutlichen, warum der Klimawandel ein Kernthema des Religionsunterrichts ist.

Gemäß dem Dreischritt Sehen – Urteilen – Handeln werden erstens die globale Erwärmung, ihre Symptome, Ursachen und Folgen analysiert, zweitens Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit als zentrale ethische Bewertungsmaßstäbe entfaltet sowie drittens Maßnahmen aufgezeigt, mit denen die einzelnen Akteure dem Klimawandel und seinen Folgen entgegentreten können. Klimawandel betrifft uns alle! Es geht um „das Überleben unserer Zivilisation und die Bewohnbarkeit der Erde“ (Al Gore) 2 .

1. Sehen: Symptome, Ursachen und Folgen des gegenwärtigen Klimawandels

Im Unterschied zum Wetter (kurzfristig) sowie zur Witterung (einige Tage bis Wochen) wird Klima definiert als „die Gesamtheit der Witterungen eines längeren Zeitabschnitts einschließlich der dabei auftretenden Extrema“ (Hartmut Graßl) 3 . Beim Klima analysiert man also längere Zeiträume – von mindestens 30 Jahren bis zu vielen Jahrtausenden. Gravierender als die Durchschnittswerte sind dabei die – mitunter verheerenden – Extremereignisse, da sie für viele Lebewesen Stress, ja sogar den Tod bedeuten können.

Ein Blick in die Erdgeschichte zeigt, dass sich das Klima schon immer verändert hat. Klimawandel kann unterschiedliche Ursachen haben: erstens natürliche Schwankungen innerhalb des Klimasystems (z. B. Vulkanausbrüche), zweitens äußere Einflüsse (z. B. Variationen der Sonnenaktivität), drittens Veränderungen in der Zusammensetzung der Atmosphäre, insbesondere durch den Eintrag von Treibhausgasen (z. B. Kohlenstoffdioxid), sowie viertens drastische Umstellungen bei der Landnutzung (z. B. Regenwaldrodung).

Der durch die Treibhausgase ausgelöste Treibhauseffekt läuft zwar auch unabhängig vom Menschen ab, wird aber durch ihn gefährlich verstärkt. Beim natürlichen Treibhauseffekt ist (unsichtbarer) Wasserdampf das wirksamste Gas, beim menschengemachten ist Kohlenstoffdioxid (CO2) der wichtigste Auslöser. Daneben sind insbesondere Methan (CH4), Lachgas (N2O), Halogenkohlenwasserstoffe (CFC, HCFC) und Ozon (O3) zu nennen. Hauptursachen sind die Verbrennung von fossilen Energieträgern (Erdöl, Kohle, Erdgas), Emissionen aus Industrie, Verkehr, Landwirtschaft und Müll sowie die Waldvernichtung.

Der anthropogene, d. h. menschengemachte Treibhauseffekt hat bislang für einen Temperaturanstieg von 0,85 °C gesorgt; weitere 0,6 °C sind aufgrund verzögerter Auswirkungen (Trägheit des Klimasystems) unvermeidlich. Schon eine Erwärmung um 2 °C, von der wir nur noch wenige Zehntel Grad entfernt sind, würde zu verheerenden Folgen und dramatischen Verschlechterungen hinsichtlich der Bewohnbarkeit unseres Planeten und der Lebensqualität führen. Werden nicht bald einschneidende Änderungen bei den klimaschädlichen Produktions- und Konsummustern vorgenommen, kann die durchschnittliche Temperatur bis zum Jahrhundertende sogar um bis zu 5,4 °C ansteigen.

Der Klimawandel ist somit kein mögliches künftiges Ereignis; er findet vielmehr 6|7 längst statt. Schon jetzt verletzt und tötet er durch extreme Wetterereignisse, die an Häufigkeit und / oder Intensität zunehmen: Stürme, Starkniederschläge und Hitze. Die Folgen sind Sturmfluten, Überschwemmungen, Dürren und Waldbrände, die allesamt schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit, die Wasserversorgung und die Ernährung haben. Der Meeresspiegel steigt, was tiefliegende Küstenregionen, Inseln und Flussdeltas sowie die dortigen Lebewesen massiv bedroht. Klimazonen verschieben sich, mit katastrophalen Konsequenzen für die Biodiversität. Ganze Ökosysteme, wie etwa Korallenriffe, brechen zusammen. Neben wärmerem Wasser ist hierfür die enorme CO2-Aufnahme der Ozeane verantwortlich, die ihrerseits zu einer weiteren Versauerung der Meere führt, welche kalkschalenbildende Meeresorganismen und damit auch die Nahrungskette bedroht.

Verschärfend kommt hinzu, dass Folgen des Klimawandels wieder zu Ursachen werden. Die Klimaforschung spricht von „positiven“ Rückkopplungen oder Kippschaltern, die der Mensch im Klimasystem aktuell auslöst oder betätigt. Hierzu zählt u. a. das Absinken der Albedo, also der Menge der von der Erde reflektierten Sonneneinstrahlung. Ursache ist das Abschmelzen von eis- und schneebedeckten Flächen. Dadurch werden Boden und Luft wärmer, weitere helle Flächen verschwinden, wodurch die Temperatur noch mehr steigt usw.

Der gegenwärtige Klimawandel fällt nicht einfach „vom Himmel“. Der Weltklimarat stellt eindeutig fest: „Es ist äußerst wahrscheinlich, dass der menschliche Einfluss die Hauptursache der beobachteten Erwärmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts war.“ (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC 2014) 4 . Der Mensch ist also der maßgebliche Verursacher – aber er besitzt auch die Macht, einen Kurswechsel vorzunehmen und einen Großteil der negativen Folgen zu beheben.

2. Urteilen: Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit als zentrale ethische Bewertungsmaßstäbe

Der gegenwärtige Klimawandel ist nicht nur eine technische, ökonomische und politische, sondern auch eine große moralische und spirituelle Herausforderung. Es geht um unseren Planeten und das Leben auf ihm, christlich-theologisch: um unsere Verantwortung für die Schöpfung. Sie ist und bleibt Gottes Eigentum, der Menschheit lediglich als Leihgabe anvertraut. Als lebendige Statuen Gottes (vgl. Gen 1,26f) müssen wir das Klimasystem, das ein wesentlicher Bestandteil der natürlichen Lebensgrundlagen ist, unbedingt schützen. Die Ressourcen der Erde, zu denen das Klima gehört, sollen allen, auch den Künftigen, zugutekommen.

Das größte Gerechtigkeitsproblem besteht darin, dass die Hauptverursachenden und die Hauptleidtragenden nicht identisch sind. Hauptverursachende sind die reichen Industrienationen, zunehmend aber auch Schwellenländer und Eliten in den Entwicklungsländern. Sie verstoßen damit gegen die Forderungen der globalen, intergenerationellen und ökologischen Gerechtigkeit. Denn die Hauptleidtragenden sind die armen Menschen und Völker in den Staaten des globalen Südens, die kommenden Generationen sowie die außermenschliche Natur; sie alle haben das Klima jedoch kaum oder gar nicht negativ beeinflusst.

Gerechtigkeit verlangt, dass allen ihr Recht zukommen muss. Diejenigen, die im großen Stil Treibhausgase emittieren und/oder Wald vernichten, missachten die göttliche Schöpfung sowie grundlegende Rechte jetziger und künftiger Menschen: das Recht 7|8 auf Leben, auf Unversehrtheit, Gesundheit, Trinkwasser und Nahrung, auf Frieden und soziale Sicherheit, auf nachhaltige Entwicklung und auf eine intakte Umwelt. Der menschengemachte Klimawandel ist somit eine massive Ungerechtigkeit, die bereits bestehendes Unrecht, wie Hunger, Armut und Gewalt, weiter verschärft.

Es widerspricht darüber hinaus der Gerechtigkeit, dass die Verursacher bislang nicht oder nur unzureichend für die Ent-Schädigung der Leidtragenden aufkommen. Das Verursacherprinzip verlangt aber, angerichtete Schäden wiedergutzumachen und darüber hinaus angemessene (technische und finanzielle) Hilfe zum Schutz vor den erzeugten Gefahren und bei der Bewältigung irreversibler Verluste zu leisten. Vorrangig ist jedoch, Schädigungen Dritter überhaupt zu vermeiden. Durch den Klimawandel werden also zugleich zentrale völkerrechtliche und ethische Grundsätze wie das Nichtschadens- und Vorsorgeprinzip verletzt.

Für Gerechtigkeit einzutreten bedeutet, das Weltwirtschaftssystem und die Lebensstile grundlegend in Richtung Nachhaltigkeit zu korrigieren. Soziale und ökonomische Entwicklungen sind dann nachhaltig, wenn sie dauerhaft umweltgerecht sind und die Grundbedürfnisse der Menschen von heute, insbesondere der Armen, befriedigen und wenn dabei zugleich sichergestellt wird, dass auch die nachrückenden Generationen ihre Grundbedürfnisse werden befriedigen können.

Das große gemeinsame Ziel ist nach wie vor „die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau […], auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird“ (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC 1992, Art. 2) 5 . Dazu muss der Anstieg der globalen Erdoberflächentemperatur im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten unter 2 °C, noch besser unter 1,5 °C gehalten werden. Unabhängig davon, ob die Völkergemeinschaft es schafft, diese ethisch hochrelevanten Grenzen einzuhalten, müssen wir unbedingt für die Senkung der Treibhausgasemissionen und den Stopp der Waldvernichtung kämpfen; denn jedes Zehntel Grad Temperaturanstieg, das vermieden wird, bedeutet weniger Leid und Elend (und weniger finanzielle Lasten).

3. Handeln: Schutz des Klimas und Schutz vor dem Klimawandel

In der Klimarahmenkonvention, die beim Erdgipfel in Rio de Janeiro im Jahr 1992 beschlossen wurde, sprechen die Vertragsstaaten von „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten“ der einzelnen Länder (UNFCCC 1992, Art. 3). Wer mehr von dem ökonomischen System 8|9 profitiert hat, das die Emissionen hervorgebracht hat, ist umso mehr in der Pflicht, zumal diejenigen zumeist auch wirtschaftlich stärker und von den nachteiligen Klimafolgen in geringerem Maße betroffen sind.

Um der Gerechtigkeit willen sind im Sinne des Verursacherprinzips vor allem die Hauptverursacher verpflichtet, umgehend nachprüfbare, wirksame und ehrgeizige Maßnahmen auf den Handlungsfeldern Minderung und Anpassung sowie Katastrophenhilfe und Wiederaufbau zu ergreifen. Diese Verpflichtungen schnellstmöglich einzulösen, ist aus ethischen Gründen zwingend – und überdies auch ökonomisch vernünftig; denn je zögerlicher und je weniger beherzt vorgegangen wird, desto höher werden die künftigen Kosten sein.

Die Erkenntnis, dass es nicht nur einen Schutz des Klimas, sondern auch einen Schutz vor den Auswirkungen eines (gestörten) Klimas braucht, wurde spätestens in Rio gewonnen und in das Völkerrecht integriert. Minderung und Anpassung gehören seitdem zusammen wie zwei Seiten einer Medaille. Dabei gehen Minderung der Treibhausgas-Emissionen und Waldschutz vor Anpassung, und beide Strategien müssen verhindern, dass Katastrophenhilfe und Wiederaufbau überhaupt erforderlich werden. Anpassung ist nur leistbar, wenn sich der Temperaturanstieg in Grenzen hält. Nothilfe kann bereits entstandenes Leid lediglich lindern, aber nicht mehr ungeschehen machen.

Minderung – das Unbeherrschbare vermeiden

Für den Klimaschutz sind ein Instrumentenmix sowie Anstrengungen auf allen Ebenen erforderlich: von der Staatengemeinschaft bis hin zu den Privathaushalten.

Der wichtigste politische Schritt zur Eindämmung des gefährlichen Klimawandels wäre, rechtlich zu verankern, dass alle wirtschaftlichen Akteure die sozialen und ökologischen Kosten ihres Handelns vollständig tragen. Dadurch würde klimaschädliches Handeln teurer, klimafreundliches Handeln würde im Vergleich dazu preiswerter. Weitere politische Instrumente wären: die Festlegung einer globalen Obergrenze für Treibhausgasemissionen, die Vereinbarung verbindlicher, terminierter und anspruchsvoller Reduktionsziele, der Aufbau eines wirksamen globalen Emissionshandels, die Abschaffung klimaschädlicher Subventionen, die Förderung von nachhaltiger Forschung und von Technologietransfers zugunsten klimafreundlicher Entwicklungen, Bevölkerungspolitik durch allgemeine Bildung und Überwindung von Armut und nicht zuletzt der Ausbau von Umweltbildung und -erziehung.

Als technische und strategische Instrumente wären u. a. zu nennen: das Energiesparen und der Abbau von Verschwendung (etwa bei Lebensmitteln), die Steigerung der Ressourcen- und Energieeffizienz, der vollständige Umbau der Energiewirtschaft zu erneuerbaren Energien, die Verbesserung von Speichertechniken, ein sozial- und umweltverträglicher Ausbau verlustarmer Stromnetze, der Stopp der Waldvernichtung, ferner Aufforstung und nachhaltige Forstwirtschaft sowie eine scharfe Kehrtwende der hochindustrialisierten Landwirtschaft hin zu ökologischem Landbau.

Anpassung – das Unvermeidbare beherrschen

Die Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention haben sich verpflichtet, Maßnahmen zur Anpassung an die Klimaänderungen durchzuführen. Der Weltklimarat definiert „Anpassung“ als den Prozess der Angleichung an das gegenwärtige oder zu erwartende Klima und dessen Auswirkungen 6 .

Beispiele sind der Schutz vor (dauerhaften) Überflutungen und (vorübergehenden) Überschwemmungen, der Aufbau von Frühwarnsystemen, landwirtschaftliche Umstellung auf Pflanzen, die mit höheren Temperaturen und starken bzw. länger ausbleibenden Niederschlägen zurechtkommen, ein Finanzierungsfonds für Anpassungsprogramme vor allem für die ärmsten Länder, die Neuausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit, der Ausbau von Mikrokreditsystemen für die Armen, die völkerrechtliche Anerkennung und Integration von Klimaflüchtlingen sowie Verbesserungen beim Katastrophenschutz und Wiederaufbau. Die Strategien zielen auf eine Senkung der Verwundbarkeit und eine Stärkung der Widerstandskraft von Lebewesen, Ökosystemen und Staaten.

Nicht zuletzt

Papst Franziskus macht in seiner eindrucksvollen Enzyklika deutlich, dass es noch nicht zu spät ist (vgl. LS 13, 193): Jede und jeder einzelne, aber auch Staaten und die Völkergemeinschaft können noch umkehren. Wir alle können Beiträge zum Schutz des Klimas und damit unseres gemeinsamen Lebenshauses leisten; auch mit dem Einkaufs- und Wahlzettel.

Der scheinbare Verzicht (z. B. auf nicht-nachhaltige Konsumgüter) bedeutet in Wirklichkeit einen enormen Gewinn: an Lebensqualität, Frieden und Gerechtigkeit. Mitleid kann Gerechtigkeit nicht ersetzen, die wir den Armen, den nachrückenden Generationen und unseren Mitgeschöpfen schulden. Unsere Kinder und Enkel könnten uns fragen, warum wir nicht mehr getan haben, um das Klima und die Schöpfung zu bewahren 7 .


Dank: Der Autor dankt Frau Dr. Birgit Hegewald, Postdoc am Institut für Katholische Theologie der Universität Osnabrück, für die Durchsicht des Manuskripts sowie für inhaltliche Anregungen.

Zitiervorschlag: Lienkamp, Andreas: Klimawandel. Ein Kernthema des Religionsunterrichts!, in: Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen 4/2015, 6-9, korrigierte und erweiterte Online-Fassung, abrufbar unter: https://www.lienkamp-berlin.de/publikationen/klimawandel-und-gerechtigkeit/klimawandel-im-ru.

Hinweise: Bei dem oben stehenden Text handelt es sich um die Originalfassung. Bei der gedruckten Version wurden ohne Rücksprache mit dem Autor Kürzungen und Änderungen vorgenommen. – Die folgenden Anmerkungen sind nur in der Online-Fassung enthalten. Die Abkürzungen wurden ausgeschrieben. Die Seitenangaben im Text (z. B. 6|7) zeigen die Seitenwechsel der Druckfassung an.


Anmerkungen

1    Franziskus: Enzyklika Laudato si‘ über die Sorge für das gemeinsame Haus (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 202, hrsg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz), Bonn 2015, Nr. 25.

2    Gore, Al: Eine unbequeme Wahrheit. Die drohende Klimakatastrophe und was wir dagegen tun können, 3. Aufl., München 2006, 11.

3    Graßl, Hartmut: Art. Klimaveränderung. 1. Zum Problemstand, in: Korff, Wilhelm / Beck, Lutwin / Mikat, Paul (Hrsg.): Lexikon der Bioethik, Studienausgabe, Bd. 2, Gütersloh 2000, 392-396, hier 392.

4    IPCC: Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, in: Klimaänderung 2013: Wissenschaftliche Grundlagen. Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Fünften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung (IPCC). Deutsche Übersetzung durch ProClim, Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Österreichisches Umweltbundesamt, Bern-Wien-Bonn 2014, 15.

Drei wichtige Argumente stützen diese These, die in der Klimaforschung und -politik kaum noch ernsthaft bestritten wird:

  • Fossiler Kohlenstoff besitzt eine physikalische Markierung, den so genannten „isotopen Fingerabdruck“. Dieser beschreibt das Verhältnis der stabilen C-Isotope 12C (mit 6 Neutronen) und 13C (mit 7 Neutronen); Öl und Kohle haben einen deutlich geringeren 13C-Anteil als „natürlich“ vorkommendes CO2 in der Atmosphäre und kein radioaktives 14C. So konnte Hans E. Suess bereits in den 1950er Jahren nachweisen, dass die zunehmende Konzentration von CO2 in der Atmosphäre auf die Nutzung fossiler Brennstoffe zurückzuführen ist (vgl. Rahmstorf, Stefan / Schellnhuber, Hans Joachim: Der Klimawandel. Diagnose, Prognose, Therapie, 7. vollst. überarb. u. aktual. Aufl., München 2012, 29, 34). Folglich sind menschliche Aktivitäten die Ursache der ungewöhnlich hohen CO2-Konzentration, die mindestens in den letzten 800.000 Jahren 280 parts per million (ppm) nicht überschritten hat und inzwischen (saisonbereinigt) auf über 400 ppm geklettert ist (d. h. auf mehr als 400 Teile CO2 auf 1 Million Teile Luft; das entspricht einem CO2-Anteil an der Atmosphäre von 0,04 %; vgl. Tans, Pieter / Keeling, Ralph: Trends in Atmospheric Carbon Dioxide, 2015). Dies entspricht einem Anstieg von rund 43 %.
  • Der seit 1961 beobachtete Abkühlungstrend der unteren Stratosphäre (im globalen Mittel um -2,2 °C) bei gleichzeitigem Trend zu bodennaher Erwärmung (+0,85 °C) ist mit der (falschen) Annahme einer verstärkten Sonnenaktivität nicht zu erklären, wohl aber mit dem Treibhauseffekt, der die Wärmeabstrahlung in die höheren Atmosphärenschichten behindert (vgl. Schönwiese, Christian-Dietrich: Klimatologie, Stuttgart, 4. überarb. u. aktual. Aufl. 2013, 326f). So heißt es im Fünften Sachstandsbericht des IPCC: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass der anthropogene Einfluss, vor allem Treibhausgase und stratosphärischer Ozonabbau, zu einem erkennbaren beobachteten Muster in der Erwärmung der Troposphäre und einer dementsprechenden Abkühlung in der unteren Stratosphäre seit 1961 geführt haben.“ (IPCC: Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, in: Klimaänderung 2013: Wissenschaftliche Grundlagen. Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Fünften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung [IPCC]. Deutsche Übersetzung durch ProClim, Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Österreichisches Umweltbundesamt, Bern-Wien-Bonn 2014, 15).
  • Nur die Kombination von menschlichen und natürlichen Einflüssen deckt sich mit den beobachteten Temperaturveränderungen. Der starke Erwärmungstrend seit den 1960er Jahren ist mit natürlichen Faktoren nicht erklärbar (vgl. Schönwiese, Christian-Dietrich: Der Klimawandel in Vergangenheit und Zukunft – Wissensstand und offene Fragen, in: Amosinternational, Nr. 1 [2008] 17-23, hier 21, sowie IPCC: Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger, in: Klimaänderung 2013: Wissenschaftliche Grundlagen. Beitrag der Arbeitsgruppe I zum Fünften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderung [IPCC]. Deutsche Übersetzung durch ProClim, Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, Österreichisches Umweltbundesamt, Bern-Wien-Bonn 2014, 16).

5    Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Klimakonvention), in: Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro – Dokumente. Klimakonvention, Konvention über die Biologische Vielfalt, Rio-Deklaration, Walderklärung, hrsg. vom Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bonn o. J., 3-19.

6    Adaptation: „The process of adjustment to actual or expected climate and its effects. In human systems, adaptation seeks to moderate or avoid harm or exploit beneficial opportunities. In some natural systems, human intervention may facilitate adjustment to expected climate and its effects.“ (Intergovernmental Panel on Climate Change: Summary for Policymakers, in: Climate Change 2014: Impacts, Adaptation, and Vulnerability. Part A: Global and Sectoral Aspects. Contribution of Working Group II to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge, U.K. – New York 2014, 1-32, hier 13).

7    Zum Thema Klimawandel vgl. Lienkamp, Andreas: Klimawandel und Gerechtigkeit. Eine Ethik der Nachhaltigkeit in christlicher Perspektive, Paderborn-München-Wien-Zürich 2009 sowie weitere Veröffentlichungen vom Autor zum Thema. Zur Enzyklika „Laudato si'“ vgl. Heimbach-Steins, Marianne / Lienkamp, Andreas: Die Enzyklika „Laudato si'“ von Papst Franziskus. Auch ein Beitrag zur Problematik des Klimawandels und zur Ethik der Energiewende, in: Jahrbuch für Christliche Sozialwissenschaften (JCSW) 56 (2015) 155-179.