Das Fach Christliche Sozialwissenschaften umfasst die christlich-theologische Sozial- und Umweltethik, berücksichtigt aber auch individualethische Aspekte. Ausgehend von der christlichen Botschaft setzt es sich kritisch mit gesellschaftlichen und politischen Haltungen und Maßnahmen, Normen, Institutionen und Strukturen auseinander. Ziel ist es, einen Beitrag zu einer humanen, gerechten und naturverträglichen Weltgestaltung auf allen Ebenen des Zusammenlebens bis hin zur globalen Ebene zu leisten. Auf der Grundlage der Würde des Menschen und des Eigenwertes aller Geschöpfe Gottes werden orientierende Prinzipien formuliert und entfaltet. Ausgehend von Freiheit und Gerechtigkeit sind dies insbesondere Personalität, Gemeinwohl und Nachhaltigkeit sowie als deren Operationalisierungen Subsidiarität, Solidarität und Retinität.
Die christliche Sozial- und Umweltethik versteht sich als theologischer Beitrag zur Förderung wie zum Schutz von Gerechtigkeit, Frieden und der Integrität der Schöpfung. Sie orientiert und motiviert dazu das Engagement der Christinnen und Christen und setzt auf den Dialog und die Zusammenarbeit mit allen „Menschen guten Willens“. Theologische Fundamente sind die Vorstellung vom Menschen als Bild Gottes und die Inkarnation. Weil der Mensch Bild oder besser: Statue Gottes ist, somit den Gott des Lebens in der Welt (wie eine lebendige „Götterstatue“) repräsentieren soll, weil Gott in Jesus von Nazareth Mensch wurde, müssen sich die Christinnen und Christen in den Institutionen und Strukturen der Welt, in Wirtschaft und Gesellschaft, Staat und Völkergemeinschaft für die Humanisierung der sozialen Beziehungen sowie für eine nachhaltige Entwicklung einsetzen. Im Sinne der Option für die Armen geht es dabei vorrangig um das Wohl der Armen, Benachteiligten und Unterdrückten, um das Wohl der nachrückenden Generationen wie der Mitgeschöpfe und um die ihnen nur allzu oft vorenthaltene Freiheit und Gerechtigkeit.
Die christliche Sozialethik hat sich als akademische Disziplin am Ende des 19. Jahrhunderts unter dem Eindruck der Sozialen Frage, d. h. unter dem Eindruck des Elends, das der ungebremste Kapitalismus erzeugte, aus der Moraltheologie entwickelt. Seit den 1970er Jahren hat sich dann neben der Individual- und Sozialethik – nun unter dem Eindruck der Ökologischen Frage, d. h. unter dem Eindruck des Elends, das die ungebremste Naturausbeutung hervorbrachte – die Umweltethik als dritte Teildisziplin einer Ethik der Nachhaltigkeit herausgebildet. Das Fach Christliche Sozialwissenschaften ist heute weltweit (unter verschiedenen Bezeichnungen) an zahlreichen Universitäten und Hochschulen in Forschung und Lehre vertreten, an der Universität Osnabrück seit 1983. Der Inhaber der Professur vertritt das Fach auch an der Universität Vechta.